Mein Weg zum mühelosen Klavierspiel war steinig. Mein Hauptproblem war — und das sagten nicht meine Lehrer (leider), sondern, es war mein eigenes Empfinden — dass ich kein Gefühl für die Tasten hatte.
Genau damit habe ich mich verzweifelt an Anton gewandt: Was soll ich nur tun — ich spüre die Tasten nicht, ich fühle mich wie ein Elefant auf Schlittschuhen! Er nannte mir schnell die Ursache für mein Problem — und sie war auch der Grundstein für die Lösung desselben.
Kontakt zu den Tasten
Der intensive und selbstverständliche Kontakt des Spielers zum Klavier ist die technische Basis des Klavierspiels.
Das Ideal jedes Pianisten: Eins-Sein mit seinem Instrument kann nur auf dieser Basis erreicht werden. Fehlt diese Basis, … so ist eigentlich alles Tun eines Pianisten verfehlt. Rudolf Kratzert
Dieser Aussage kann ich nach meiner persönlichen Erfahrung uneingeschränkt zustimmen. Es ging einfach nicht mehr weiter. Es waren keine Fortschritte mehr zu erzielen, indem ich einfach „mehr” übte oder länger übte oder verbissener übte.
Irgendwann musste ich erkennen, dass ich mit einem mehr von dem, was ich tat, kein besseres Ergebnis bekommen konnte.
Nicht mit mehr Ehrgeiz.
Nicht mit mehr Durchhaltevermögen.
Nicht mit mehr Üben.
Nicht mit mehr Kraftaufwand.
Nicht mit mehr Etüden üben.
Nicht mit mehr Fingerakrobatik.
Ich musste etwas grundsätzlich anders machen.
Die Finger sind das Bindeglied zwischen uns und der Klaviatur. Logisch, dass die Qualität unseres Klavierspiels zu einem beträchtlichen Teil von dieser Verbindung, von unserem „Gefühl” für den Kontakt der Fingerspitzen zu den Tasten abhängt.
Doch der Finger hängt am Handgelenk.
Und das Handgelenk am Arm.
Usw.
Darauf musste ich meinen Fokus richten.
Das habe ich getan und nach einer Weile hat sich mein Klavierspiel schlagartig verbessert, doch das Beste war, dass es sich nicht mehr so „unbequem” anfühlte, sondern ganz entspannt und natürlich.
Hier sind 3 Tipps, die haben mir geholfen haben, einen besseren Kontakt zum Instrument zu bekommen.
3 Tipps, wie Du ein besseres Gefühl für die Tasten entwickelst
1. Von den Fingerspitzen aus denken
Damit deine Finger eine gute Verbindung zu den Tasten schaffen, musst du vor allem darauf achten, immer von den Fingerspitzen aus zu denken und zu spielen. Wenn man von den Fingerspitzen aus denkt, bleiben die Finger nämlich automatisch in der optimalen und natürlichen Position — ohne zu verkrampfen.
Auf keinen Fall solltest du deine Finger aktiv heben oder senken!
Genauso, wie das automatische, reflexgesteuerte Gehen ausgeschaltet wird, wenn wir unsere Beine bewusst anheben — wird auch das automatische, natürliche Gehen von Tastengrund zu Tastengrund bei bewusstem „anschlagen” der Tasten gestört.
Wenn du also merkst, dass deine Finger nicht rund bleiben, sondern an einem bestimmten Gelenk kollabieren, dann mache sie nicht einfach aktiv „wieder rund”, sondern denke wieder von den Fingerspitzen aus — das bringt sie ganz automatisch wieder in die optimale Position.
2. Denke an „Greifen”
Manchmal hilft es auch, an „Greifen” zu denken. Stell dir vor, du würdest einen Stift mit den Fingerspitzen greifen und ihn locker festhalten — deine Finger und deine Hand werden rundlich und gleichzeitig locker. Genau diese Empfindung ist auch beim Klavier spielen wichtig.
Damit sich aber jetzt nicht die gesamte Energie nur auf die Finger richtet, es es wichtig, auch an den Rücken zu denken.
Die aufgebrachte Energie (= Muskelspannung) verteilt sich dann automatisch gleichmäßig auf den ganzen Körper, wodurch sich das Spielen viel „leichter” anfühlt. Zusätzlich hat man das Gefühl, „alles im Blick” zu haben, was die Empfindung der Leichtigkeit noch verstärkt.
Ich stelle mir gerne vor, dass meine Arme wie Schmetterlingsflügel hinten aus dem Rücken kommen und wie ein loses Seil die Schulterblätter mit den Fingerspitzen verbinden.
Die Fingerspitzen wiederum „kleben” lose an den Tasten, in ihrer natürlichen rundlichen und gelösten Form.
3. Überlasse den Tasten die Arbeit
Sehr geholfen hat mir die folgende kleine Übung, die ich ein bis zwei Mal am Tag für jeweils 5 – 10 Minuten gemacht habe:
Die Hand auf die Klaviatur legen und ohne die Finger zu heben, die Taste runterdrücken — fünf Mal mit jedem Finger (die anderen Finger bleiben dabei entspannt und gelöst auf der Klaviatur liegen).
Es darf wirklich kaum eine Anspannung dabei spürbar sein.
Deswegen ist es wichtig, sich nicht nur auf das Tasten-runterdrücken-ohne-den-Finger-zu-heben zu konzentrieren, sondern am Anfang vielleicht noch mehr darauf, die anderen Finger dabei absolut lose auf den Tasten liegen zu lassen.
Wenn das gut klappt, gilt es, die Aufmerksamkeit auszudehnen, d.h., man fühlt nun beim Tasten runterdrücken auch mal in das Handgelenk, dann den Ellenbogen, dann die Schulter, den Rücken, den Nacken, die Füße hinein und fragt sich:
Wo halte ich fest?
Das ist für mich beim Klavierspielen die wichtigste Frage.
Je schneller oder schwerer ein Stück gefühlt zu spielen ist, umso häufiger gilt es sich diese Frage zu stellen und umso mehr gilt es sein Körperbewusstsein dahingehend zu trainieren, auch noch so kleine unnötige Muskelanspannungen aufzuspüren und loszulassen.
Jetzt bist du dran!
Probiere die Tipps einen nach dem anderen aus. Denke beim Probieren des einen Tipps nicht schon an den nächsten — lass dir viel Zeit dabei.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren!
Wenn noch etwas unklar ist oder du zu einem Punkt noch mehr Informationen hättest, dann schreib es in die Kommentare! 🙂
Wir sind dir für jede Unterstützung dankbar!